Mein Unglaube

ist mir ein geduldeter Gefährte geworden

der mit mir pilgert

auf dem Weg zu einem heiligen Ort

 

Ich weiß nicht, wie weit es ist

und auch nicht genau, wo ich bin

 

manchmal hänge ich ihn ab

manchmal holt er mich ein

 

er ist ein relativ stiller Zeitgenosse

keiner, der diskutiert

ironische Fragen stellt

mit Argumenten um sich wirft

oder in Gedanken bohrt

 

Ich weiß, er hat

so manche scheinbar ungehörte Gebete im Gepäck

an seinen Schultern zieht die Last der Verheißungen

die verzweifelt auf sich warten lassen

und in den Hosentaschen hat er so oft noch 

zerbrochne Hoffnung

 

Mein Unglaube

ist ein stiller Zeitgenosse

manchmal werfen wir uns prüfende Seitenblicke zu

und fragen uns, wo der andere in Gedanken gerade ist

während wir diesen Weg hier zusammen gehen

 

Mein Unglaube ist ein stiller Zeitgenosse

und auch wenn mich seine Gegenwart

bei meinem Wandern

am Anfang gestört hat

ist er mir ein geduldeter und hin und wieder sogar

sehr geschätzter Gefährte geworden

 

Denn manchmal

manchmal passiert es

mitten auf der Reise

da reißt er die Augen auf

und muss sie sich kurz reiben

manchmal passiert es

da schaut er mich groß an

zieht vielsagend die Augenbrauen hoch

und er muss noch nicht mal was sagen

ich spüre in seinem Blick

ein riesiges:

 

Wirklich?!

Das hätte ich nicht für möglich gehalten

 

und manchmal passiert es

da schaut er verstohlen weg

und ich weiß

es glitzert in seinen Augenwinkeln

 

Ich frage mich

ob ich das Heilige

der Orte

zu denen ich pilgere

vielleicht ohne ihn nie erlebt hätte